Es ist wichtiger, das Richtige richtig zu tun.

Alles begegnet einem zweimal im Leben

Kennst du das? Du liest ein Buch in einer Lebensphase und viele Jahre später fällt es dir wieder in die Hand und das genau selbe Buch löst völlig andere, manchmal sogar gegenteilige Gedanken und Empfindungen in dir aus? So ging es mir mit einem Zitat von Peter Drucker, das mir kürzlich in dem sehr empfehlenswerten Blog von unseren österreichischen Kooperationspartnern, den Pioneers of Change, wiederbegegnet ist:

„Es ist wichtiger, das Richtige zu tun, als etwas richtig zu tun.“

Als ich vor 17 Jahren in meiner Organisationsentwicklungsausbildung zum ersten Mal auf dieses Zitat gestoßen bin, habe ich es mit „Genau, recht hat er!“ abgenickt und durchgewinkt. Nun läuft es mir wieder über den Weg und ich denke: Stop! Moment mal! Das sehe ich anders!

Wie oder was?

Mehr und mehr komme ich dazu, dem, wie ich etwas tue, größere Bedeutung zukommen zu lassen. In meiner Arbeit habe ich fast ausschließlich mit Menschen zu tun, von denen vermutlich die meisten sagen würden, dass sie “das Richtige” tun. Sie engagieren sich für Klimaschutz oder Flüchtlinge, initiieren bewegende Kulturprojekte. Und ein ganz wesentlicher Teil meiner eigenen Arbeit mit der Visionautik Akademie ist es, Hebamme für eben solche “richtige” Projekte zu sein.
Und doch…Was bringen wir, die wir uns so darüber definieren, das Gute, Schöne und “Richtige” zu befördern, unbewusst außerdem noch in die Welt durch die Art, wie wir es tun?  

Ungewollte Nebeneffekte

Mir ist es zum Beispiel immer wieder passiert, dass ich in ganz wichtiger, “richtiger” Mission unterwegs war und ich darüber vergessen habe, den Menschen, mit dem ich es gerade zu tun hatte, wirklich wahrzunehmen und ihm mit ganzer Aufmerksamkeit und offenem Herzen zuzuhören. Oder ich hatte vor lauter Weltrettungs-Todos im Kopf nicht die Ruhe, mir die Zeit zu nehmen, um das anzusehen und zu würdigen, was andere Menschen auf die Beine gestellt haben. Auch ist es mir immer wieder passiert, dass ich Projekte geleitet habe, bei denen ich voller Sorge, Zweifel und Angst war, z.B. es nicht rechtzeitig zu schaffen, auf Ablehnung zu stoßen oder nicht gut genug zu sein. Mehr und mehr wurde mir deutlich, wie machtvoll diese unbeabsichtigten Nebenwirkungen meiner “richtigen” Projekte gewirkt haben, wie ich nicht nur gute Ergebnisse, sondern auch Angst, Zweifel, Unachtsamkeit und Rastlosigkeit verstärkt und meine Kinder, Freunde und Mitstreiter  damit angesteckt habe. Und mir wurde klar, dass „Walk the talk“ für mich nicht nur heißt, coole, “richtige” Projekte zu machen, sondern dass es mir ganz wichtig ist, die Art, mit der ich sie durchführe, mitzudenken.

Wir sind viel machtvoller als wir denken

Die gute Nachricht dabei: wir können so viel mehr bewegen und bewirken als uns meistens bewusst ist. Und zwar sofort hier und jetzt mit direkter positiver Rückkopplung und nicht erst, wenn das Projekt abgeschlossen, das Sozialunternehmen etabliert oder die Welt gerettet ist. Auf das Wie zu achten ist eine durch und durch erfüllende und nährende Tätigkeit, denn sie verankert positive Qualitäten in einem selbst und im eigenen Umfeld, dann verstärkt sich beides und die Liebe, Leichtigkeit und Freude (oder was wir auch immer in die Welt tragen wollen) wird immer mehr.

Hier ein paar Dinge, die mir geholfen haben, ein bewusstes Wie zu üben
  1.     Klarheit. Hilfreich ist es, wenn du deine Werte kennst, die du voranbringen möchtest. Wenn du dir hier unsicher bist, kannst du dir kostenlos das Arbeitsbüchlein „Lebe deinen Traum. Beginne jetzt. Beginne hier.“ herunterladen und die Übungen auf  S. 3-6 machen.
  2.     Intention Setting. Für mich ist das setzen einer Intention für den Tag fester Bestandteil meiner Morgenroutine. Ich stelle mir vor, was mich den Tag über erwartet und welche Qualität ich angesichts des bevorstehenden Tages in den Tag bringen möchte. Manchmal ist es Zuversicht und Vertrauen, manchmal ist es Neugier und Lebensfreude, an anderen Tagen, die Qualität des Strahlens und Größe-Zeigens oder oder oder -je nachdem, was ich vermute, was dem Tag und seinen Situationen und Menschen gut tun würde. Die Intention wirkt stark und unbewusst. In der Regel vergesse ich sie wieder über den Tag. Und doch führt sie meine Zunge und meine Hand und sorgt dafür, dass ich z.B. in eine Gruppe voller Sorge Ruhe und Vertrauen bringe, bevor sich die Situation hochschaukelt. Einer unserer größten Qualitätssprünge bei den Visionautikworkshops war der Moment, als wir angefangen haben, den Seminartag mit Intention-Setting im Trainerteam zu beginnen.
  3.     Die Freude am Alltäglichen. Sicher hast du auch wie ich einen Haufen Dinge zu tun, die du halt so machst, weil sie gemacht werden müssen. Sie erfüllen uns nicht mit Leidenschaft, vielleicht finden wir sie sogar eher doof. Aber wir machen sie eben. Einkaufen, ein Organisationsemail schreiben, eine Rechnung überweisen. Was wäre, wenn wir all diese anscheinend dummen Tätigkeiten dazu benutzten, um die Werte zu transportieren, die uns am Herzen liegen? Ich mache das sehr oft und kann es dir wärmstens empfehlen. Plötzlich wird schnöder Alltagskram zum beflügelnden Abenteuer. Du kannst beim Überweisen der Rechnung denken: Mist, schon wieder so viel Geld! Oder du kannst Dankbarkeit in die Welt tragen, indem du dir vergegenwärtigst, wie großartig es ist, dass dir jemand diese Leistung erbracht hat, dass du das Geld hast, ihn oder sie zu bezahlen und damit deine Wertschätzung zum Ausdruck bringen kannst. Du kannst jeden Kontakt mit den Menschen, ob in echt oder elektronisch, mit Freude und Liebe aufladen. Und plötzlich werden normale Emails zu kleinen Freundlichkeitsbotschaften, die anderen Freude machen oder zum Lachen bringen und sie daran erinnern, dass es ein Mensch ist, der ihnen das Email geschrieben hat und kein Effizienzroboter. Bestimmt fallen dir viele Möglichkeiten ein, wie du einen persönlichen Wertemix zum Ausdruck bringen kannst.

Ich habe drei große Vorbilder in Sachen es “richtig” machen. Das erste ist Jeanet Heinz, eine Klofrau aus Ghana, genannt Gifty, weil sie so ein Geschenk für die Welt ist. Sie beschenkt die Welt, indem sie mit ihrer ganzen Leidenschaft und Hingabe die Toiletten in der Strandperle in Hamburg betreibt, so dass ein kurzer Toilettenaufenthalt zur Frischzellenkur für Körper und Seele wird. Meine beiden anderen Vorbilder sind zwar fiktionale Gestalten, aber deshalb nicht weniger inspirierend, der Fährmann in Hermann Hesses Siddharta und der Tankwart in Dan Millmans “Der Pfad des achtsamen Kriegers”, die beide durch und durch mit ihrer ganzen Weisheit zu Diensten sind. Zwar hat keiner dieser drei einen Social Impact Award gewonnen und ihre Berufe klingen nach nichts Besonderem. Und doch oder gerade deshalb zeigen sie mir, dass es viele Wege gibt, das Richtige zu tun, z.B., indem man -was auch immer- richtig tut.

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